Sogar in den schwächsten Börsenmonaten im Sommer steigen die Kurse an den Börsen in den USA und Deutschland. Das überrascht die sonst so übervorsichtigen Anleger. Der DAX überstieg am Montag die 10.800 Punkte Marke und macht die Verluste des Jahresanfangs wieder wett. Auch in den USA hält die Sommerrallye an. Der S&P 500 befindet sich seit Anfang August auf Rekordkurs. Wie lange kann das noch so weiter gehen?

Es scheint so, als wollten sich die Investoren nicht länger von politischen Unsicherheitsfaktoren wie dem Brexit, von terroristischen Anschlägen oder der Flüchtlingskrise beeindrucken lassen. All diese Ereignisse sind entweder vergangen oder scheinen eingepreist. Was bleibt, ist eine freie Bahn für die Aktienmärkte bis zum nächsten großen Unsicherheits-Ereignis: Die USA wählen im November einen neuen Präsidenten und die Fed im Dezember die Zinsen erhöhen. Bis dahin allerdings gibt es keine großen Hürden für die Märkte und die Kauflust der Anleger könnte im September noch deutlicher zum Vorschein kommen.

„Möglicherweise würden Aktien ohne die politischen Ereignisse deutlich höher notieren“, sagt Jörg Löschen, Kapitalmarktstratege von Hansainvest, im aktuellen Investmentbericht des Hamburger Unternehmens. Europäische Aktien scheinen derzeit die günstigste Assetklasse zu sein. „Bei Betrachtung des Kurs/Gewinn-Verhältnisses (KGV) von derzeit dem 14-fachen für europäische Unternehmen sind Aktien im Verhältnis zu Immobilien günstig.“ Auch den Bewertungsvergleich mit Anleihen müssten Aktien nicht scheuen, denn mehr als 40 Prozent aller Staatsanleihen werfen gar keine Rendite mehr ab, wohingegen Investoren mit Dividendentiteln bis zu vier Prozent einstreichen können.
Europäische Aktien kommen zurück

Wer in den vergangenen fünf Jahren auf den Aktienfonds JPM Europe Technology gesetzt hat (ISIN: LU0104030142), profitiert nun von einer Wertsteigerung von 145 Prozent. Der Fonds setzt einen Schwerpunkt auf europäische Unternehmen mit Technologiebezug, einschließlich Medien und Telekommunikation und ist ein Topseller unter den FondsDISCOUNT.de-Kunden in diesem Segment. Gemessen an der Performance kann der SEB European Equity Small Caps (ISIN: LU0099984899) mit dem JPM Fonds durchaus mithalten. Der Fonds konzentriert sich auf europäische Aktien mit einer niedrigen Marktkapitalisierung und hohen Wachstumschancen.

In Deutschland ist der MainFirst Germany Fund A (ISIN: LU0390221256) seit fünf Jahren das Maß aller Dinge. Mit deutschen Aktien unterbewerteter Unternehmen und einem starken Management konnte der Fonds in dem Zeitraum 161 Prozent zulegen und stellt mit einem vergleichbar kleinen Fondsvolumen sogar solche Flaggschiffe wie den FvS Multiple Opportunities und DWS Top Dividende in den Schatten. Alle genannten Fonds schlagen den Sektorendurchschnitt in den letzten fünf Jahren um Längen (siehe Chart).

US-Aktien im historischen Vergleich überbewertet
In den USA seien die Unternehmen Löschen zufolge auf Basis des KGV mit 17 teurer bewertet, aber dafür ist der Anteil an börsennotierten und wachstumsorientierten Unternehmen auch höher. Zudem seien die Banken weniger marode als europäische. Anlegern falle es offensichtlich Anlegern schwer, mangels Alternativen an der US-Börse vorbeizukommen.
Forscher des Ned Davis Research Group sehen darin eine gefährliche Entwicklung. Sie glauben, dass der US-Markt aktuell stärker überbewertet ist als zu fast jedem anderen Zeitpunkt während der letzten 100 Jahre. Grund für diese äußerst skeptische Haltung ist eine Studie im Auftrag von Standard & Poor’s, in der die Märkte der vergangenen 100 Jahren anhand von verschiedenen Kennzahlen mit dem aktuellen Bullenmarkt in den USA verglichen werden. Das Resultat: Die Kennzahlen Preis-/Buchverhältnis, Preis-/Verkaufs-Verhältnis, Preis-/Gewinn-Verhältnis und die die Dividendenrendite sprechen dafür, dass der aktuelle Höchststand an den US-Börsen stärker überbewertet ist als während 30 der vergangenen 36 Bullenmärkte seit 1900.

Latente Risiken nicht von der Hand zu weisen
Mittelfristig muss das nichts heißen. Wie lange der aktuelle Bullenmarkt in den USA noch anhalten wird, lässt sich nicht genau prophezeien. Die Wahrscheinlichkeit für einen Crash oder zumindest eine Kurskorrektur scheint aber vor dem Hintergrund weiterer Risiken zu steigen. Diese bestehen in der Wachstumsschwäche der Weltwirtschaft Gleichzeitig steigen die private und staatliche Verschuldung in zahlreichen Ländern – nicht nur in den USA – kontinuierlich an. Die Folgen der niedrigen Zinsen für die Wirtschaft und die Stabilität des Finanzsystems sind noch nicht abzusehen. Unternehmen halten sich mit Investitionen vielleicht deshalb zurück, „weil sie vermuten, dass es um die Wirtschaft aufgrund der offensiven Geldpolitik sehr schlecht bestellt sein muss“, so Löschen.

Trotz der Höchststände an den Börsen sind die Unsicherheitsfaktoren also noch lange nicht ausgebügelt. Der DAX legt nach seiner Rallye von 1.500 Punkten seit Ende Juli am Dienstag auch vorerst eine Verschnaufpause ein (siehe Video).